Kinderarmut in Deutschland - ein Situationsbericht
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Allein in Deutschland ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Insgesamt sind das über 2,5 Millionen Kinder, wie der Kinderarmutsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zeigt. Ausgegrenzt durch Armut: Das ist nicht fair!
Kinderarmut in Deutschland ist nicht gleichbedeutend mit Obdachlosigkeit oder fehlender Nahrung. Familien, die in Deutschland von Armut betroffen sind, haben eine gesicherte Existenz, leben aber oft nur mit dem Nötigsten. Täglich eine warme Mahlzeit ist für arme Kinder nicht selbstverständlich. Die Kinder müssen auf vieles verzichten, was für andere Gleichaltrige normal ist. Ihre Eltern können Ihnen oft nur unzureichend Zugang zu kulturellen oder sozialen Angeboten vermitteln. Armut ist deshalb nicht nur ein materielles, sondern auch ein gesellschaftliches Problem. Wer in seiner Kindheit Armut erlebt, leidet häufig sein ganzes Leben darunter. (whk-online.de)
Was bedeutet „Armut“ in Deutschland?
In einem reichen Land wie Deutschland wird Armut im Vergleich zum Lebensstandard der Bevölkerung insgesamt beschrieben: Arm ist demnach, wer über so wenig Einkommen bzw. Besitz verfügt, dass es nicht möglich ist, den Lebensstandard zu haben, der in unserer Gesellschaft als selbstverständlich bzw. normal gilt. Kinder- und Jugendarmut ist auch Familienarmut und muss daher immer im Zusammenhang mit der Situation der Familie betrachtet werden. Kinder und Jugendliche können nichts dafür, wenn sie in armen Verhältnissen aufwachsen. Sie trifft keine Schuld! Sie haben auch keine Möglichkeiten, sich selbst aus ihrer Armut zu befreien.
Wie viele Kinder und Jugendliche sind in Deutschland arm?
Wenn man beide gängigen Armutsdefinitionen gemeinsam anwendet, dann ergibt sich folgendes Bild: Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in einer Armutslage auf – das sind hochgerechnet 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (siehe Abbildung 1). Wie wird Armut gemessen? Es gibt zwei in der Wissenschaft anerkannte Armutsdefinitionen:
1. Sozialstaatlich definierte Armutsgrenze: Kinder gelten als arm, die in einem Haushalt leben, der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II/Hartz IV) erhält.
2. Relative Einkommensarmut: Kinder gelten als armutsgefährdet, die in Haushalten leben, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median des Haushaltsnettoäquivalenzeinkommens1) aller Haushalte beträgt.
Um Haushaltseinkommen zwischen Haushalten mit unterschiedlicher Größe und Alterszusammensetzung miteinander vergleichen zu können, wird das Nettoäquivalenzeinkommen berechnet. Dazu wird das gesamte Nettoeinkommen eines Haushalts durch die Anzahl der Personen im Haushalt – gewichtet mit der neuen OECD-Skala – dividiert. Die OECD-Skala weist den Mitgliedern eines Haushaltes unterschiedliche Faktoren zu. Der Haushaltsvorstand erhält dabei den Faktor 1, weitere Personen über 14 Jahre im Haushalt erhalten den Faktor 0,5 und Kinder bis 14 Jahre den Faktor 0,3. Zur Kritik an der OECDSkala siehe Garbuszus u.a. (2018). Was bedeutet „Armut“ in Deutschland? In einem reichen Land wie Deutschland wird Armut im Vergleich zum Lebensstandard der Bevölkerung insgesamt beschrieben: Arm ist demnach, wer über so wenig Einkommen bzw. Besitz verfügt, dass es nicht möglich ist, den Lebensstandard zu haben, der in unserer Gesellschaft als selbstverständlich bzw. normal gilt. Kinder- und Jugendarmut ist auch Familienarmut und muss daher immer im Zusammenhang mit der Situation der Familie betrachtet werden. Kinder und Jugendliche können nichts dafür, wenn sie in armen Verhältnissen aufwachsen. Sie trifft keine Schuld! Sie haben auch keine Möglichkeiten, sich selbst aus ihrer Armut zu befreien. Für zwei Drittel der betroffenen Kinder und Jugendlichen ist dies ein Dauerzustand: Sie leben mindestens fünf Jahre durchgehend oder wiederkehrend in Armut (Tophoven u.a. 2017). Kinderarmut verharrt seit Jahren auf konstant hohem Niveau, obwohl es in dieser Zeit eine teils sehr gute wirtschaftliche Entwicklung sowie zahlreiche familienpolitische Reformen gab. (Bertelsmann Stiftung)